„Wüstung“

Mit Arbeiten aus dieser Photoreihe bewarb sich Frank Buchna 2008 in Salzburg
an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst und wurde von der
renommierten Foto-Künstlerin Prof. Katharina Sieverding in deren Klasse
aufgenommen.

Der Begriff „Wüstung“ steht lexikalisch für „aufgegebene Siedlung“. Er umschreibt
auf eine nüchterne, wissenschaftlich-abstrakte Weise toten, sich selbst
überlassenen Raum
und lässt erst in seiner Umsetzung in die Bildsprache das
ganze Gefühlsspektrum eines nur schwer zu ertragenen Zustands von Isolation
und Unverbundenheit zu
. Wie „aus-der-Welt-geworfen“ wirken die verlassenen
Häuser und die alte Kirche des Dorfes Wollseifen im heutigen Nationalpark
Eifel. Auch ohne erklärenden Begleittext (der Ort wurde 1946 also kurz nach
dem Ende des zweiten Weltkriegs zwangsumgesiedelt, um als Truppenübungs-
platz für künftige Kriegseinsätze in militärisches Sperrgebiet „umfunktioniert“
zu werden und ist seit 2006 als Teil des Nationalparks wieder der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht), beschleichen den Betrachter beklemmende Gefühle der
Ausgrenzung, gewaltsamen Abtrennung, ja, zweifachen Schändung
. Wurden
nach den gerade erst überstandenen Schrecken des Krieges die Bewohner
von Wollseifen erneut ihrer Heimat beraubt, enteignet, dem Andenken an
ihre Toten entrissen, so wirkt die heutige Verwaistheit des Ortes in seiner
ganzen Sinnlosigkeit nicht weniger brutal
. Zwischen nachlässig errichteten
Kriegskulissenhäuser (Rohbauten, Pfuschwerk ohne Putz und Dach, das
nur dem einen Zweck der Zerstörung diente) und der von schützenden
alten Bäumen bewachten Kirchenruine St. Rochus
sucht das Auge des
Betrachters unwillkürlich nach leeren Patronenhülsen des inszenierten
Häuserkampfs. Seelenlos, trist und doch auch seltsam verletzlich wirken
die falschen Behausungen des von Frank Buchna immer wieder
aufgesuchten Geisterdorfs. Seine Häuser-Skelette sind Symbole der
Anmaßung der Kriegsherren und der Erkenntnis, dass die Waffenruhe
immer eine trügerische ist.

Sensibel wechselnde Perspektiven des Fotografen, sein Gespür für den
angehaltenen Atem der geschändeten Architektur an diesem gespenstischen
Ort (ihr „tot stellen“ aber nicht gänzlich „tot sein“, denn die alte Kirche lebt,
während die Haus-Attrappen nie gelebt haben) machen aus dieser Photoserie
ein eindrucksvolles geschichtliches UND menschliches Dokument.

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Text: Dorothée Bönsch-Hochgürtel M.A.